Ein spannendes Jahr mit vielen Herausforderungen
Das Jahr 2019 neigt sich dem Ende entgegen. Zeit für uns, ein (nicht abschließendes und vollständiges) Resumée zu ziehen und einen Blick zurück zu werfen auf unsere zweite Anbausaison. Was lief gut? Was war schwierig? Wo sehen wir den WirGarten gerade? Lies hier, was unsere größten Herausforderungen dieses Jahr waren und warum wir mit großer Zuversicht in die Zukunft schauen!
Weiterhin viele Baustellen - es wird nicht langweilig
Nachdem bereits 2018 uns in unserem Premierenjahr hitzemäßig sehr herausgefordert und der Aufbau der Infrastruktur - vor Allem Brunnen- und Dachbau - viel Zeit eingenommen hat, haben uns diese beiden Themen auch 2019 treu begleitet. Beides hatte und hat nach wie vor große Auswirkungen auf den Gemüsebau - als GemüseGenossenschaft natürlich das Herzstück des WirGartens - und führte dazu, dass wir weiter Luft nach oben haben und noch nicht da angekommen sind, wo wir hinwollen.
Eine Pumpenodyssee mit unklarem Ausgang
Wasser ist essentiell für jedes Leben und speziell im Gemüsebau von großer Bedeutung. Die Kombination aus anhaltender Hitze und einem Sandboden, wie wir ihn haben, bedeutet für uns, sehr viel beregnen zu müssen. 2018 haben wir an den ackereigenen Brunnen eine elektrische Pumpe bauen lassen, die aber leider nicht zuverlässig arbeitete. Nach einem langwierigen Aushandlungsprozess hat der Pumpenbauer die Pumpe vergangenen Winter wieder abgebaut. Fortan waren wir darauf angewiesen, jeden Tag einen Hydranten aufzubauen und mit Stadtwasser zu beregnen, was teuer und zeitraubend war. Paralell dazu haben wir Angebote anderer Pumpenbauer eingeholt. Da es phasenweise so schien, dass der vorhandene und sehr alte Brunnen das Problem sein könnte kam eine Brunnenneubohrung ins Spiel - entweder auf dem Acker oder auf städtischem Gebiet neben dem Acker. Eine Neubohrung auf unserem Acker hat unser Verpächter verboten, für eine Bohrung auf städtischem Grund veranschlagte die Stadt eine jährliche Pacht von 500€. Nach monatelangem Verhandeln haben wir diese Option daher wieder verworfen.
Unterdessen war viel Zeit ins Land gegangen. Mittlerweile zeigte der Kalender September an und wir beregneten immer noch mit Stadtwasser. Also entschieden wir uns für ein Angebot, den alten Brunnen mit einer Tauchpumpe zu nutzen, also einer Pumpe, die in das Brunnenrohr eingelassen wird. Beim Versuch, die Tauchpumpe in das Rohr zu lassen stellte sich heraus, dass das Rohr sich nach wenigen Metern verjüngte und die Pumpe nicht passte - ein Umstand, der trotz vorherhiger Kamerabefahrung nicht aufgefallen war. Als Konsequenz musste eine neue Pumpe bestellt werden, die nun im Gerätebauwagen installiert wurde. Zwar fördert diese seitdem zuverlässig Wasser, allerdings kann, entgegen der Prognose des Pumenbauers, noch nicht abschließend gesagt werden, ob diese auch die von uns benötigte Menge Wasser fördern kann. Dies werden wir erst herausfinden, wenn wir im kommenden Jahr tatsächlich alle Regner angeschlossen haben. Es bleibt also spannend und uns schwant, dass uns dieses Thema auch in 2020 noch weiter begleiten wird.
Ab nächstem Jahr Beregnung mit flexiblen Kreisregnern
Unabhängig vom Thema Brunnen war ein Problem dieses Jahr, dass unser jetztiges Beregnungssystem zu unflexibel ist. Derzeit beregnen wir das Freiland mit einer Beregnungstrommel, wie man sie auch vom Ackerbau kennt. Diese kann man nur mit dem Trecker versetzen, was sehr unpraktisch ist. In den sehr trockenen und heißen Perioden sind wir daher mit dem Beregnen nicht hinterhergekommen. Viele Pflanzen haben nur so viel bekommen, dass sie gerade nicht vertrocknet sind, was für eine gute Ernte aber natürlich nicht ausreicht. Ab dem nächsten Jahr werden wir daher auf flexible Kreisregner umstellen, die wir in großer Stückzahl auf der Fläche verteilen und auch per Hand umsetzen können, wo wir sie benötigen. Dadurch werden wir hoffentlich dem Wasserbedürfnis der Pflanzen besser gerecht.
Auch Mäuse lieben Gemüse
Artenvielfalt schön und gut, aber dieses Jahr hätten wir, zumindest was die Anzahl der Wühlmäuse angeht, gerne weniger davon bei uns gehabt. Denn wie in vielen anderen Betrieben auch - 2019 war ein prächtiges Jahr für die kleinen Nager - waren auch wir massiv davon betroffen. Neben Gemüse an- oder aufknabbern lieben sie auch diverse Jungpflanzen wie Salat oder Superschmelz. Teilweise haben wir so ganze Sätze verloren und auch Nachpflanzungen haben massiv darunter gelitten. Unseren Anbauplan hat dies kräftig durcheinandergewirbelt und dies ist mit ein Grund, warum unsere Lagerernte deutlich schlechter ausgefallen ist als geplant. In den ersten Wochen und Monaten im kommeden Jahr müssen wir daher mit unserem zur Verfügung stehenden Gemüse haushalten. Hinzu kommt die Unerfahrenheit mit unserem Boden und auch gärtnerische Fehleinschätzungen an der ein oder anderen Stelle.
Nun kommen Ansitzstangen zum Anlocken von Greifvögeln, Mäusefallen, vielleicht eine Katze, Schleiereulenkästen, veraschte Wühlmaustinktur, Fuchsurin, Topinambur (mögen sie wohl besonders gerne und soll sie vom Gemüse weglocken) und noch einiges mehr zum Einsatz und wir hoffen, dass wir damit nächstes Jahr Erfolg haben. Es bleibt nichts unversucht 🙂 Und vielleicht kommt uns auch der Rythmus der Natur zuhilfe, nach dem es immer Auf´s und Ab´s in der Populationszahl gibt.
Zu wenig Zeit für Gemüsebau - Strukturen effizienter gestalten
Ein Fazit unseres Jahres ist auch, dass wir zu wenig Zeit in den Gemüsebau stecken konnten und (noch) zu viel Zeit mit anderen Dingen verbringen mussten (siehe Thema Brunnen oben). Dadurch sind wir mit vielem nicht hinterhergekommen. So konnten etwa die Beete nicht konsequent von Beikräutern freigehalten werden, was einiges Gemüse gar nicht gut fand und dadurch nicht so groß wurde.
Einiges davon liegt auch an unseren teils noch ineffizienten Strukturen, sowohl was die physischen Gegebenheiten betrifft als auch unsere Teamstrukturen. Da die Freilandbeete im hinteren Bereich unseres Ackers liegen müssen wir derzeit viel zu lange Wege zurücklegen, wodurch pro Tag unglaublich viel Zeit verloren geht. Ab Januar werden wir unsere Market Garden Beete daher nach vorne verlegen zwischen Gewächshäuser und Kühllager. Außerdem haben wir die Verantwortlichkeiten im Betrieb noch klarer einzelnen Rollen und Personen zugeordnet, damit wir effizienter, aber auch entspannter arbeiten können.
Und was lief gut?
Sehr viel, vor allem wenn man bedenkt, dass wir erst in unserer zweiten Anbausaison sind! Im Laufe des Jahres sind wir um ca. 100 Genoss*innen auf 485 Mitglieder gewachsen. Das ist toll und wir freuen uns über die gute Resonanz! Wir hatten schöne Feiern und Veranstaltungen wie das Gartenfestival rund um die Generalversammlung oder Lange Tafeln, einige tolle Ernten z.B. bei Tomaten oder Grünkohl, haben einige neue Kulturen angebaut und so unsere Vielfalt erweitert und auch das erste Mal selber Lagerkartoffeln angebaut. Zudem haben wir unsere Umstellungphase auf ökologischen Landbau erfolgreich beendet und können unser Gemüse seit September als Biogemüse deklarieren.
Wie schauen wir auf das kommende Jahr?
Trotz aller Herausforderungen: mit großer Zuversicht! Wir denken, dass die von uns angedachten Maßnahmen uns einen großen Schritt nach vorne bringen werden und wir effizienter arbeiten können, um den Gemüsebau qualitiativ weiterentwickeln zu können. Mit Hildegard bekommen wir eine Gärtnerin hinzu, die nochmal einen frischen Blick auf alle Abläufe reinbringt. Die Erfahrungen der letzten zwei Jahre sind immens wertvoll, da wir unseren Boden immer besser kennenlernen, wir unsere Anbauplanung immer weiter verfeinern und wir nächstes Jahr mehr Wintergärtnerei und saisonverlängernde Maßnahmen umsetzen werden. Nicht zuletzt haben wir große Erwartungen an den weiteren Umstieg auf das Market Garden System, von dem wir sehr überzeugt sind (hier siehst du kurz zusammegefasst, worum es dabei geht). Der Feldsalat in unseren bereits dieses Jahr angelegten Market-Garden-Beeten macht auf jeden Fall Lust auf mehr.
Wie könnt ihr unterstützen?
Indem ihr noch ein bisschen Geduld mit uns habt und uns nachseht, wenn das Gemüse nicht immer die Größe, Form oder Menge hat, die es haben könnte. Indem ihr im Januar, Februar und März dabei helft, die neuen Beete mitanzulegen und 250 t Kompost zu verteilen (Infos dazu folgen bald!). Indem ihr, wenn ihr selber Ideen habt, was wir verbessern können oder wie ihr euch im WirGarten einbringen könnt, nicht zögert und damit auf uns zukommt. Denn natürlich versuchen wir ständig, unser bestes zu geben, aber auch wir haben blinde Flecken und freuen uns über Inspirationen!
Alles in allem zusammengefasst war es also ein wildes, spannendes, anstrengendes, fruchtbares, lehrreiches, spaßiges, schönes, ermattendes, inspirierendes, abwechslungsreiches, ermutigendes, zum verzweifelndes, tolles, herausforderndes WirGarten Jahr! Wir gehen davon aus, dass es nächstes Jahr nicht anders wird und freuen uns schon jetzt darauf! Aber nun sind wir erstmal bis Anfang des Jahres im Winterschlaf!
Adios, frohe Feiertage und kommt gut ins nächste Jahr!
Euer WirGarten-Team