Wichtiger Sonderbericht
Liebe WirGarten-Mitglieder,
Es ist an der Zeit, Euch über die aktuelle Lage unseres WirGartens zu informieren und einen Erkenntnisbericht des neuen Vorstands zu senden, der in Abstimmung mit unserem Aufsichtsrat am 20.8. dieses Jahres besprochen wurde.
Ein Blick auf die aktuelle Situation
Mit der Wahl des neuen Vorstands im Mai 2025 galt es alte und neue Herausforderungen des WirGartens zu analysieren und nach Lösungen zu suchen. Ganz oben auf unserer Aufgabenliste stand die Suche nach einer neuen Fläche für unseren WirGarten (die Pacht für die jetzige Fläche wurde vom Verpächter zum März 2027 gekündigt). In diesem Punkt haben wir Euch schon informiert, dass es nun mehrere Lösungen gibt und wir guter Hoffnung sind, auch weiterhin unser Gemüse anbauen zu können. Allerdings bedeutet ein Umzug auf neue Flächen auch enorme Herausforderungen. Die neuen Flächen müssen vorbereitet werden und die alten wieder in den Ursprungszustand zurückgesetzt werden. Betriebsgebäude, Gewächshäuser, Zäune, Strom- und Wasserleitungen und Wege müssen abgebaut und neu angelegt werden. Und da gibt es sicherlich noch viele weitere Aufgaben, die es zu bedenken gibt. Und mit der Planung dieser Aufgaben müssten wir schon im Spätherbst diesen Jahres beginnen, damit wir in 2026 auf dem neuen Acker die Ernte für 2027 vorbereiten können.
Neben dieser großen Herausforderung bestehen aber weiterhin noch viele andere Aufgaben. Neues Personal wird gesucht, fehlende Ernteverträge müssen aufgefüllt werden, Abholorte müssen ergänzt werden und zu oft fehlt Gemüse an den Abholorten. Manchmal reichen selbst 15% zusätzlicher Puffer nicht aus, um unberechtigte Fremdzugriffe auszugleichen. Und bei hoher Personalfluktuation und unvorhergesehenen Krankheiten sind wir dringend auf Mithilfe angewiesen, die auch organisiert werden muss.
Sicherlich kann man anmerken, dass viele dieser Probleme ja schon lange existieren und doch eigentlich schon hätten gelöst sein sollen. Aber so einfach ist es dann doch nicht, was auch ähnliche Probleme bei fast allen anderen Solawis zeigen.
Ein Blick zurück und die Schlussfolgerung
Wenn uns nun das Personal für die anstehenden Aufgaben des Umzuges fehlt, dann könnte man ja externe Dienstleister mit diesen Aufgaben beauftragen. Aber auch diese Möglichkeit entfällt angesichts der wirtschaftlichen Situation unseres WirGartens. Seit Bestehen des WirGartens haben wir es nur im Jahr 2021 geschafft, ein kleines Plus zu erwirtschaften, das nicht aus Subventionen gespeist wurde. Die Jahre davor erhielten wir hohe Förderungen und Zuschüsse, die auch nicht immer reichten, ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen. Die Jahre nach 2021 sind mit nur noch geringen Zuschüssen geprägt von roten Zahlen. Auch für dieses Jahr erwarten wir ein leicht negatives Ergebnis.In dieser Situation ist die Vergabe von Aufträgen an Fremddienstleister aus unserer Sicht nicht möglich. Und auch die Suche nach irgendwelchen Fördertöpfen und EU-Zuschüssen ist aus unserer Sicht nicht angezeigt. Wir können unsere Existenz als WirGarten nicht dauerhaft davon abhängig machen, dass Andere uns retten. Es ist unser Garten, es ist unser Gemüse, es ist unsere Verantwortung und es ist unsere Unabhängigkeit. Wir müssen das selbst lösen.
Ein Blick nach vorne und ein neues Selbstverständnis
Mit dieser Rückschau und auch gleichzeitig mit dem Blick auf unsere Zukunft ist uns klar geworden, dass wir unser Selbstverständnis, unsere Identität und auch unsere Prozesse verändern müssen. Zuerst einmal müssen wir uns selbst als solidarische Landwirtschaft verstehen. Als Mitglieder dieser Genossenschaft kaufen wir nicht unser eigenes Gemüse, sondern jeder Einzelne ist Miteigentümer eines großen Schrebergartens und bekommt anteilig, das von uns selbst produzierte Gemüse – mal etwas mehr und mal etwas weniger, je nachdem, wie uns Säen und Ernten im Angesicht von Frost, Regen, Hitze, Schädlingsbefall und ungeplanten Ereignissen gelingt. Jeder Einzelne bezahlt nicht für Gemüse, sondern beteiligt sich an den Kosten für Pacht, Saaten, Geräten und für einige wenige Angestellte, die für uns die wichtigsten Gärtnerarbeiten übernehmen. Die 81€, die viele z.B. für Ihren Ernteanteil M bezahlen, sind also keine Bezahlung für das Gemüse, sondern im Wesentlichen ein Anteil an Pacht und Gehältern. Diejenigen von uns, die etwas mehr Gemüse haben möchten, beteiligen sich auch etwas mehr an den Kosten, die wir als Genossenschaft haben.
Die Arbeit auf viele Schultern verteilen
Die nun anstehenden Aufgaben können nicht alleine von angestellten Mitarbeitern geleistet werden, die sich teilweise über ihre Kräfte hinaus engagieren. Als Gemüsegärtner/innen und Verwaltungsangestellte sind sie auch keine Experten z.B. für das Aufstellen von Zäunen, für Elektro- und Zimmermannsarbeiten oder das Erstellen einer Gründung für Container. Für diese Arbeiten haben wir in unserer Genossenschaft bei fast 800 Mitgliedern mit Sicherheit Experten, die das besser können als die wenigen Angestellten und dies im Sinne der Gemeinschaft ehrenamtlich übernehmen könnten.
Aktive Mitgliedergruppen mit individuellen Kompetenzen
Wir als angestellte Mitarbeiter des WirGartens – egal in welcher hierarchischen Funktion und egal mit welcher konkreten Aufgabe betraut, wir bedrängen Euch nicht und wir bitten Euch auch nicht im eigenen Interesse. Wir informieren Euch darüber, dass Ihr als Miteigentümer des WirGartens direkt und persönlich mitanpacken müsst, wenn dieses Gemeinschaftsprojekt dauerhaft bestehen bleiben soll, denn wir alleine schaffen das nicht.Bitte versteht dies nicht falsch, denn wir freuen uns über die wundervollen Menschen, die sich jetzt schon immer mal ehrenamtlich einbringen, die uns auf dem Acker unterstützen und die fragen, ob sie irgendwelche Aufgaben übernehmen können oder, die uns immer mal wieder Mut machen. Wir brauchen aber mehr. Wir brauchen Mitgliedergruppen die eigenverantwortlich und selbständig arbeitend Aufgaben übernehmen, ohne dass sie von den Festangestellten für Einzelaufgaben immer mal wieder angefragt werden müssen. Wir brauchen eine Gruppe, die sich eigenverantwortlich um den Umzug kümmert, eine Mitgliedergruppe, die sich automatisch bei den Feldarbeiten einschaltet, wenn es erforderlich ist. Wir brauchen eine feste Gruppe von Handwerkern, die uns zur Verfügung steht und eine Gruppe, die sich um die Abholorte kümmert.
Wir brauchen eine feste Struktur für die Organisation der originären Aufgaben. Es ist keine Struktur der Mithilfe für die Festangestellten, es ist eine Struktur der Eigenorganisation der Inhaber.
Die Einladung und Anmeldung
Aus diesem Grund laden wir Euch ein für die Grundsteinlegung der ersten eigenverantwortlichen aktiven Mitgliedergruppe „Umzug des WirGartens“. Alle, die bereit sind aktiv in einer Mitgliedergruppe mitzuarbeiten kommt bitte am
22.9.2025 um 18.00 Uhr in das Mosaique e.V. , Haus der Kulturen in der Katzenstraße 1, 21335 Lüneburg.
Bitte meldet Eure Teilnahme dazu per E-Mail an lueneburg@wirgarten.com, damit wir den Termin besser planen und vorbereiten können. Wir hoffen an diesem Termin auf viele Anmeldungen von Euch und gehen davon aus, dass dann mehr aktive Mitglieder anwesend sind, als wir für die Gruppe „Umzug des Wirgarten“ benötigen. Wir werden dann auch schon Zuordnungen für weitere Aktivgruppen vornehmen können.
Solidarität existiert nur in der Unterschiedlichkeit – die Starken helfen den Schwächeren
Dieser Brandbrief beinhaltet keinen Vorwurf an Euch, die Mitglieder. Und er ist kein Abschieben der Verantwortung oder eine Rechtfertigung der Angestellten. Es ist der ehrliche Versuch, unsere WirGartengenossenschaft zu retten. Gerade in diesen turbulenten Zeiten halten wir eine kleine regionale Genossenschaft, die sich um die eigene Versorgung kümmert und sich gegenseitig unterstützt, für besonders wertvoll. Jeder der Zeit, Kraft und Fähigkeiten mitbringt, wird gebraucht. Und jeder der nicht direkt mitarbeiten kann und in der Familie oder im Beruf zu sehr eingespannt oder aus gesundheitlichen Gründen verhindert ist, ist auch weiterhin ein gern gesehenes Mitglied der Genossenschaft und muss sich keine Gedanken machen, denn wir sind eine Solidargemeinschaft, in der nicht jeder das Gleiche leisten muss. Diejenigen, denen es wirtschaftlich gut geht, können vielleicht etwas mehr für den Ernteanteil zahlen oder etwas spenden oder noch ein paar Genossenschaftsanteile kaufen. Und diejenigen, denen es auch finanziell nicht besonders gut geht, sind auch mit dem Mindestbeitrag für den Gemüseanteil weiterhin gleichwertige Mitglieder.
Und zum Abschluss mit schwerem Herzen noch dieser Hinweis:
Sollte es uns nicht gelingen, diese aktiven Mitgliedergruppen zu gründen und eine echte Solidargemeinschaft zu bilden, werden wir den WirGarten Lüneburg mit dem Auslaufen des Pachtvertrages im März 2027 beenden müssen.
Unsere Hoffnung
Wir hoffen, Viele von Euch am 22.9.2025 begrüßen zu dürfen, um mit neuer Kraft einen großen ökologischen Garten mit neuen Ideen und gemeinsamen Aktivitäten aufzubauen. Einen Ort des Austauschs und der gegenseitigen Hilfe mit dem Blick in die wundervolle Natur als Kontrapunkt zu den globalen Veränderungen und den zunehmenden wirtschaftlichen Herausforderungen. Wir wissen nicht, ob es gelingt, aber sehen können wir es schon.
Euer WirGarten-Team